Trauriges Ende eines Catamarans
11 June 2017 | Rodrigues
Ralph
Rodrigues lässt uns nicht nach Mauritius aufbrechen. Grund, das Wetter. Seit 8 Tagen fegen Sturmböen und Regenschauer über die Insel. Die Wettervorhersagen raten sogar von Segeln innerhalb der Lagune ab. Wir ankern nun schon seit unserer Ankunft im Hafenbecken von Port Mathurin.
Der Ankergrund ist nicht so besonders. So mussten wir heute eine französische Yacht ( Skipperin war nicht an Bord) "einfangen" , da der Anker im starken Wind nicht hielt und es drohte, dass die Yacht auf das nahe Riff getrieben wäre.
Der Hafen ist von Riffen umgeben und man muss schon konzentriert bei der Anfahrt navigieren, besonders bei Nacht.
Als ich ein paar Tage zuvor am frühen Morgen die Umgebung beobachtete, sah ich einen Katamaran in einer merkwürdigen Position zum Ankern. Bei genaueren Hinsehen erkannte ich, dass die Wellen des Riffs HINTER dem Katamaran waren. Carmen holte das Fernglas und wir sahen die Bescherung. Der Katamaran lag AUF dem Riff. Ein weiterer Blick auf unseren Nav-Computer zeigte am AIS, dass es sich um den Catamaran GEMEOS handelte.
Mit dem lagen wir einige Zeit zusammen in Malaysia.Versuch über Funk Kontakt aufzunehmen gestaltete sich wegen Sprachverzerrung schwierig. Wir erkannten aber die Stimme von Alex, dem Skipper der Yacht.
Die Crew von NGALAWA (Catamaran) brachte im heftigen Seegang ein mobiles Funkgerät zur havarierten Yacht. So konnten wir die Lage in Deutsch besprechen. Es war klar, beim nächsten Hochwasser muss ein Bergungsversuch unternommen werden. Ich begab mich mit einem anderen Segler zum Hafen, wo ein Schlepper stationiert war. Inzwischen war die Coast Guard mit einem grösseren Schlauchboot in der Nähe der GEMEOS. Wir konnten aber keine Bergungsaktivität feststellen.
Da wir wussten, dass Alex der englischen Sprache nicht so vertraut war, wollte ich auf jeden Fall auf dem Schlepper dabei sein. Der Kapitän des Schleppers besorgte ein langes, starkes Abschlepptau. Wir warten und warten. Der Zeitpunkt des Hochwassers kommt immer näher. Man braucht auch Zeit bis zum Havarierten. Auf unser Drängen bekamen wir die Antwort, dass die Coast Guard den Einsatz des Schleppers bestimmen würde. Und weiter warten und nichts tut sich. Nach zwei Stunden fallenden Wasser war klar, es tut sich nichts. Als das Schlauchboot der Coast Guard in den Hafen zurück kam, fragten wir, was denn los sei. Antwort, morgen früh wollte man bei niedrigeren Wasser die Situation beurteilen. Unser Einwand, dass der Wind noch stärker werden würde und die Yacht mit höchster Wahrscheinlichkeit grösseren Schaden abbekommen würde, verhallte ungehört.
Frustriert kehrten wir auf unsere Schiffe zurück und ich informierte Alex über den Sachstand. Wir konnten einfach nicht verstehen, dass man nicht mal einen Versuch der Bergung unternommen hatte.
In der Nacht wurde der Wind stärker und bei Tageslicht konnte man sehen, dass der Catamaran starke Schlagseite hatte. Also war er bereits stark beschädigt, was Alex über Funk bestätigte. Wir warteten noch eine Weile, bis der Wasserstand erlaubte, dass wir mit unserem Dhingi zum Havaristen fahren konnten. Dort angekommen, hatten wir schon Mühe an Bord zu kommen, weil immer wieder Wellen gegen den Rumpf schlugen. Wir begrüssten Alex mit dem Hinweis, dass wir uns so eigentlich nicht wieder treffen wollten. Im Inneren des Schiffes stand schon das Wasser welches durch ein grosses Loch in der Bordwand eindrang.
Draußen wollte die Coast Guard mit grossen Fässern Auftrieb erzeugen, um die Bergung durchzuführen. Kurz darauf erschien der Polizeichef von Rodrigues begleitet von einem Fotograf und kündigte an, das um 1146 Uhr die Bergungsaktion beginnen würde. Ein wenig Small talk und ein Bild mit dem Schiffbrüchigen und er entschwand wieder.
Gegen 1130 Uhr zogen sich alle Coast Guard Kräfte in ihre Boote zurück und entschwanden ebenfalls.
Jetzt waren nur Alex, Carmen und ich im Schiff.
Es wurde 1150 Uhr, nichts geschah. Über Funk fragte ich bei der Coast Guard an, wenn dann nun etwas passieren würde?! Nach ein paar Minuten die Antwort: AS SOON AS POSSIBLE! Nach einer weiteren Stunde war klar, hier passiert gar nichts. Wir fragten Alex, ob er das Schiff verlassen wolle.
Nein, er bleibt an Bord. So kehrten wir wieder mal frustriert zu unserer RELAX zurück. Alex schaltete sein Funkgerät aus, um die Batterie zu sparen. Wir behielten unser Funkgerät auch über Nacht an, für den Fall der Fälle.
Am nächsten Morgen mussten alle Segelyachten den Hafen verlassen, weil ein großer Frachter anlegen sollte. Draußen blies der Wind mit um die 30 Knoten. Wir konnten nicht verfolgen, was mit der GEMEOS weiter geschah. Nachdem der Frachter angedockt hatte, konnten wir wieder zurück ins Hafenbecken. Gleich rief ich Alex über Funk an. Wir sahen, dass GEMEOS noch mehr Schlagseite hatte. Er antwortete über sein mobiles Funkgerät, dass er sein Schiff verlassen hatte und es keine weiteren Bergungsversuche geben würde. Er hatte schon einige Einreiseformalitäten erledigt. So trafen wir ihn bei der Coast Guard. Die waren hilfsbereit und fuhren uns zu einem Gästehaus. So hatte Alex zumindest ein Dach über den Kopf.
Er berichtete uns, dass während unser Abwesenheit die Coast Guard viele persönliche Dinge von Bord an Land gebracht hatten. Man hat ihn freundlicherweise einen Raum für diese Dinge zur Verfügung gestellt.
Ich will hier nicht meine Meinung zu den Aktionen der Coast Guard abgeben, da dies nur meine Sichtweise darstellen würde.
Es ist bitter sein Schiff so zu verlieren. GEMEOS liegt ca. 700 Meter vom Hafen entfernt. Und immer wieder fällt unser Blick auf die havarierte Yacht. Das trägt nicht zu einer guten Stimmungslage bei,