Pos 32G 52S / 37G 32W
20 May 2017 | Sued Atlantik
Kerstin
Genug ueber die Zukunft orakelt. Aber die Weite der "Landschaft" und die Zeit, die man hier draussen hat, laesst einen intensiver nachdenken. Ueber das was war. Ueber das was kommt. Ueber das was ist. Was ist also heute? Eine weitere Tierbegegnung. Diesmal in klein. Seit 30°Nord sehen wir viele 'Man o War' Quallen um's Schiff herum schwimmen. Man nennt sie auch Portugiesische Galeeren. Kleine Quallen, die mit Hilfe eines halbmondfoermigen Hautlappens uebers Meer segeln. Fazinierend zu sehen, was die Natur so alles erfindet. Da halten wir Menschen uns gerne fuer die Krone der Schoepfung, brauchen aber ein mehrere tausend Euro teures Gefaehrt, um hier draussen zu ueberleben. Und dann kommt da so eine kleine Qualle vorbei und segelt gemuetlich auf Vorwindkurs. Manche segeln auch hard am Wind. Schneller als wir sind sie momentan auf jeden Fall. Wir sind dankbar, das bisher alle 'Man o War's' auf dem Weg nach Sueden waren. So konnte uns wenigstens keine direkt ueberholen.... 30 Stunden motoren wir nach Norden. Investieren unseren knappen Diesel. Wir hoffen so moeglichst bald zwischen die Nordseite des abziehenden Hochdruckgebietes und eines flachen Tiefs ueber den Azoren zu gelangen. Der Gribfile verspricht uns ab dort guten Wind fuer den Rest der Reise. Mein Vertrauen in die Wettervorhersage ist indess nicht mehr sehr hoch. "Ja, ja, " sage ich zu Helmut, der gerade die aktuelle Wetterkarte studiert, "wie frueher in Samoa. Vereinzelt Schauer, cool at night. Das passt immer". Am Abend aber kommt tatsaechlich ein wenig Brise aus Westen auf. Die, als meine Nachtwache beginnt, rasant in sich zusammen faellt. In 5,5 Stunden schaffe ich es 7 Seemeilen in Richtung Azoren. Dann gebe ich auf. Kaum sitzt Helmut draussen, erholt sich der Wind etwas. Im Morgengrauen passiert uns dann noch eine dicke graue Regenwolke, dann aber haben wir Passatwolken Himmel. Und endlich, endlich sowas wie segelbaren Wind. 3, manchmal dreieinhalb Knoten machen wir in Richtung Azoren. Wir sind bescheiden geworden. Wenn es wenigstens so bleibt. Unter Deck wird es derweil lauter. Unsere Schapps werden leerer, bei Seegang poltern die Dosen. Helmut wird bereits im Morgengrauen zum Tagesheld. Er kocht trotz Seegang eine Kanne Filterkaffee. Mit Melittakaffeepulver. Dem letzten Paket. Kann das Leben schoener sein?.... Brasilianischer Kaffee aus dem Kaffeedruecker schmeckt im Vergleich dazu gerne mal wie aufgeloester Strassenteer. Nach drei Monaten Strassenteer, ist gefilterter Melitta ein Fest. Mit dem Kaffeebecher in der Hand starren wir auf die GPS Anzeige. 3 Knoten, Kurs Nord. Na bitte. Geht doch......