Schwojquilibrium
31 December 1969 | Ankerbucht vor Illa da Toxa (Ria de Arousa)
Stanzi | Sonne
Ankern ist so ne Sache…
Eigentlich funktioniert diese Sache für uns drei (oder auch fünf, je nach Besatzung) ganz gut: Anker rein mit möglichst viel Kette und Ankerboje, gern noch ein Druck auf die MOB-Taste (damit die Lage des Ankers auch noch mit verschwundener Ankerboje einzuschätzen ist), Steuerrad feststellen, und gut ist. Vorher findet natürlich die genaue Analyse zu Windstärke und Windrichtung (Bleibt er so über Nacht?), Untergrund (Sand, Fels, Seegras?), und - auch sehr wichtig - die Wassertiefe statt. Die Wassertiefe kann sich mit der Lage der Dame Danina logischerweise ändern: Sie kann ins Seichte schwojen, aber auch in starkem Wind so sehr am Anker zerren, dass der nicht hält.
Wenn alle Komponenten bedacht sind, der Anker geworfen und das Steuerrad fest, dann schauen wir immer in den ersten Minuten nach dem Manöver verzückt auf den Plotter und beobachten, wie der Fahrten-Track langsam einen regelmäßigen Ankerknödel abbildet. Das ist eine gleichmässige U-förmige Kurve um den Anker herum.
Diesmal schauten wir gebannt, weniger verzückt, die erste halbe Stunde auf den Plotter. Danina schien von Sinnen. Sie umschwojte den Anker mehrmals gegen den Uhrzeigersinn (dabei überfuhr sie auch einige Male die Kette) - wie ein besoffener Kettenhund an seiner Kette. Allerdings malte sie keine Kreise auf den Plotter sondern eher Vanillekipferl. Der Grund war die Strömung und der entgegenblasende Wind. Die Ankerbucht ist schmal und nach N offen und wir haben Wind mit bis zu 15kn aus NE.
Bei Ebbe muss nun fast das ganze Wasser raus (Wir ankerten eine Stunde nach Hochwasser.), und Danina macht beim Strudeln mit. Irgendwie erschien uns das aber ein bißchen unberechenbar und deswegen wollten wir ihre Strudelei mit einem Stützsegel beenden und setzten das Gross im 3.Reff. Ganz schlechte Idee. Das heißt, die Idee war super, um die Festigkeit des Ankers zu testen (denn der hielt!), aber jetzt nahm die Dame erst Richtig Fahrt auf und malte rasant ihre Vanillekipferl auf den Plotter. Sie geriet in ein Art Veitstanz, weil der Winddruck auf dem Groß ordentlich Fahrt brachte, Danina aber dann jäh von der Ankerkette wieder gebremst wurde und die Richtung änderte (unter lautstarkem Halsen oder einfach nur unbemerktem Wenden). Wir wollten sie aus diesem angeketteten Segelelend befreien und verkürzten die Kette um 10m (die Kette war mit 40m bei 5m maximaler Wassertiefe vielleicht doch etwas lang). Das half auch kaum. Nach 30min. bargen wir auch das Groß wieder. Jetzt zerrte und schwojte sie je nachdem ob der Wind stärker als das ablaufende Wasser ist oder umgekehrt. Um 23h hatten wir “Shallow Alarm” - Nur noch 30cm Wasser unterm Kiel. Ich tippte mit Pokerface an diesem Text weiter, während M vom Salon ins Cockpit sprang, und nochmal Alles nachrechnete: max. Tiede, auflaufend, ablaufend, Tiefgang, Windrichtung, bzzz, bzzzz, britzel…..
Coolness zahlt sich aus: eine Viertelstunde später kippte der Tidenstrom und Danina bewegte sich wie ein Goldfischlein im nicht-mehr-ablaufenden bzw. bald auflaufenden Wasser.
Ansonsten war es ein netter Segeltag. Wir sind heute Mittag 8sm von Proba do Caramiñal bis hierher ausschließlich mit der Genua gesegelt. Sehr gemütlich.