Pos 07G 16N / 028G 36W
27 April 2017 | Sued Atlantik
Kerstin
Wir haben die Doldrums hinter uns gelassen. Es war nicht so einfach... Aber nach vier Tagen motoren, kippen wir kurzenhand eins unserer streng rationierten Biere ueber Bord und reden ein ernstes Wort mit Neptun. " Neptun! Es reicht, sieh zu das du Wind hierher bekommst. Aber zuegig. Kann doch nicht so schwer sein...." Ich kippe das Bier ueber Bord. Der Skipper guckt eher skeptisch. Das gute Bier.... Aber glaubt es oder nicht. 15 Minuten spaeter segeln wir. Zufall? Auf keinen Fall. Seeleute sind aberglaeubische Menschen.
Wir brechen keine Geschwindigkeitsrekorde, aber wir kommen wieder vorwaerts. In die richtige Richtung. Und sind mittlerweile auf 7 Grad Nord. Ueber uns erstmals wieder ein wolkenloser Himmel. Und fast noch schoener als der Wind, es wird langsam wieder ein wenig kuehler. Nachts brauchen wir schon wieder ein T-Shirt. Herrlich.
Wenn wir unseren heutigen Kurs halten koennen, sind es nur noch 1900 Seemeilen bis auf die Azoren. Fuer unsere Ohren klingt das mittlerweile schon fast wie um die Ecke. Aber schaun wir erst einmal, was das Wetter im Nordatlantik noch so fuer uns bereit haelt. Wenn es nicht passt, wissen wir ja jetzt wie es geht. Ein Bier ueber Bord kippen und meckern. Neptun macht das dann schon. Wahrscheinlich werden andere Methoden der Wettrvorhersage stark ueberbewertet....
Ab heute ist unsere Welt also schraeg. Und das wird sie vorerst auch bleiben. Wir segeln Hoch am Wind. Auf Backbordbug. Gut so, weil bequemer in Pantry und Seekoje. Und noch etwas macht diesen Tag besonders. Wir wechseln die Seekarte. Bis gestern haben wir unser taegliches Kreuzchen in einem Uebersegler gemacht, den wir bereits seit Puerto Deseado benutzen. Heute gibt es eine neue Karte. Und auf der ist bereits der Englische Kanal zu sehen. Und ganz am Rand Daenemark. Unglaublich, was so ein Kartenwechsel fuer die Bordmoral bedeuten kann....
Wie ist die eigentlich? Die Moral, die Stimmung, nach so langer Zeit zu zweit auf See?
Sie ist gut. Natuerlich nicht durchgehend. Wer niemals seine eigene Komfortzone verlaesst, der kennt sich nicht, sag ich nur! Manchmal haben wir die Nase voll. An manchen Tagen erscheint die Strecke vor uns endlos. Dann wollen wir nur noch ankommen. Irgendwo. Boot festmachen und nieeee wieder Segeln gehen. Also ich will das. Aber immer nur kurz. Dann kommt der naechste Sonnenauf- oder untergang, die naechste sternenklare Nacht, die naechste gute Segelbrise und es passt wieder.
Und Tage wie diese hier draussen, werden einmal unsere schoensten Erinnerungen sein. Auch das wissen wir.
Ich bin LOP TO unendlich dankbar fuer die Ruhe die sie ausstrahlt. Diese unaufgeregte Staerke mit der sie sich hier Tag fuer Tag durch die Wellen schiebt. Das kann so wohl nur ein Langkieler.
Helmut ist auch Langkieler. Und das ist gut so. Beide haben mit dem Rueckwartsgang Probleme. Aber vorwaerts, da sind sie unschlagbar :-)
Und ich? Ich bin wohl eher eine Kurzkiel Variante. Krache ab und an mal kraeftig in ein Wellental. Obwohl, vielleicht bin ich dochnauch ein gemaessigter Kurzkieler. So richtig aufstoppen kann mich das hier draussen auch nicht. Ab und an laufe ich halt mal aus dem Ruder. Aber Kurs halten kann ich auch ganz gut.
Passt also mit uns dreien hier draussen. Und an den meisten Tagen haben wir immer noch Spass an dem was wir hier gerade unternehmen.