Pos 31G 50N / 38G 06W
19 May 2017 | Sued Atlantik
Kerstin
Es scheint sich auf dem Ozean herum gesprochen zu haben, dass wir ein bisschen Aufmunterung noetig haben. 630 Seemeilen noch bis auf die Azoren Insel Faial. Mit Wind 5 Tage, ohne Wind....seufz...
Aber das alles ficht uns heute nicht an - wir bekommen Besuch und einen heimlichen Traum erfuellt. Helmut sichtet am Nachmittag einen Finwal, immerhin das zweit groesste Lebewesen der Erde, der uns aus Norden entgegen kommt. Der Wal nimmt Kurs auf unsere Steuerbord Seite. Kaum 10 Meter von der Bordwand entfernt scheint er sich zu fragen, was das fuer ein komischer Vogel ist, der hier seinen Weg kreuzt. Er haelt kurz inne, dreht sich ein bisschen auf die Seite und guckt. Alleine schwimmen hier eigentlich nur jugendlich maennliche Tiere rum, die auf der Suche nach einer Partnerin sind. Der wird doch wohl nicht..... Dann taucht er ab. Wir stehen staunend an Deck. Der Wal ueberragt Lop To an Laenge um mehrere Meter. Angst haben wir nicht. Wir haben in den letzten Jahren gelernt, das Wale um ihre Masse wissen. Sie sind vorsichtig. Die Begegnung dauert nur ein paar wenige Minuten. Dann zieht der Finwal seiner Wege. Ein paar Minuten. Die uns fuer den Rest unseres Leben begleiten werden.Dafuer machen wir das hier. Dafuer sind wir hier draussen. Dafuer lohnen sich sogar zweieinhalb Wochen Flaute. Ich moechte so oft Momente und Erlebnisse wie dieses, festhalten. Segeln auf vierzig Grad Sued zum Beispiel. Oder ein Lagerfeuer am Stand irgendwo in Tonga. Mit dem Kajak paddeln in der Langune von Chagos. Oder Ankern im Minerva Reef. Alles einzigartige Erlebnisse, die uns sehr viel bedeuten. Erlebnisse, die kommen, die gehen. Momente, die sich nicht festhalten lassen. Erinnerung aber, die bleiben. Und unser Leben zu dem machen was es ist. Eine erfuellte Zeit. Werfen wir die Chancen auf solche Erlebnisse jetzt allzu sorglos ueber Bord, wenn wir zurueck nach Deutschland segeln? Wir muessten ja nicht. Wir koennten weiter um die Welt segeln, wenn wir wollten. Aber das Leben bietet so viel. Auf die Loften moechten wir so gerne einmal. Ins Baltikum. Mal wieder nach Aero zum Poelser essen. Und Familie und alte Freunde nicht immer nur am anderen Ende der Welt haben, sondern ganz einfach um die Ecke. Nein, alles hat seine Zeit im Leben. Wir muessen nicht nach Hause. Wir wollen. Dann muessen wir nur noch weiterhin genau hingucken. Hinhoeren. Und den Dingen die Zeit lassen, die sie brauchen. Das haben wir unterwegs gelernt. Und dann bleibt das Leben fuer uns auch in Europa spannend. Und das soll es auch.