Alfred | Windig, ein bisschen frisch
All good, so sagt man hier auch, genau wie man "alles gut" so oft in Deutschland hört. Die echten Kiwis verwenden noch "sweet as", was ebenfalls soviel bedeutet wir "pas de probleme" bzw. " no problem".
Petra ist also hier, einen Tag vor dem Verfall ihres Emirates-Flugs konnte sie am 27.11. fliegen. Ihre Einbürgerungsurkunde hat sie Mitte November (am 15.11) erhalten, den Pass dann per Express-Verfahren am 21. November. Ich denke, die Gifhorner Behörde hatte dann trotz des Drucks auf sie durch die 4. Macht im Staat (den Presseartikel, s. vorigen Blog-Bericht) doch noch ein wohlwollendes Einsehen. Danke an dieser Stelle noch einmal and den Landrat und seine Mitarbeiter.
Die Freude am Flughafen war riesengroß, und es flossen auch ein paar Tränchen. Petra hat am Flughafen noch schnell Briefmarken gekauft und zwei Briefe eingesteckt, was nach einer 30-stündigen Reise mit Jetlag inklusive eine durchaus anspruchsvolle Aufgabe sein kann. Jedenfalls hat uns Auckland "so gut gefallen", dass wir am nächsten Tag die knapp dreistündige Autofahrt noch einmal unternommen haben, aber dazu vielleicht später von Petra mehr.
Da ich für die Fahrt zum Flughafen den von der Marina zur Verfügung gestellten Leihwagen für das gesamte Wochenende gebucht hatte, nutzten wir den Sonntag noch für einen kleinen Ausflug zu einem der Hügel in der näheren Umgebung. Da ich die beiden 400-er Mount Manaia und Bream Head schon bestiegen hatte, blieb noch der nahe Mount Lion oder Matariki, dessen Aufstiegsroute die Neuseeländer tatsächlich vollständig mit Treppenstufen versehen hatten. Kann man mögen, ist aber eher nicht mein Ding. Und ob es für Petra die richtige Aktion am 2. Tag war, möchte ich auch bezweifeln, denn 400 Höhenmeter hin oder her, es bleibt ein wenig anstrengend. Dafür wird man natürlich mit einer phantastischen Aussicht auf die kilometerlangen Strände Ocean Beach und den Ruakaka Beach sowie die Smuggler's Bay belohnt, einem möglichen Ankerplatz-Ziel unseres ersten Segeltörns.
Am Montag ging's dann weiter mit der Bootsvorbereitung für unsere Segelreise nach - ja, wohin wollen wir eigentlich? Ach ja, nach Christchurch, dort wartet am 5. Januar ein VW-Bus zur Erkundung der Südinsel auf uns. Also nach Christchurch segeln. Ich hatte das Glück, mit Segelfreunden zu sprechen, mit Barb und Hew aus Neuseeland, die wir auf Jamaica kennengelernt hatten, und die inzwischen auch in einer nahen Marina liegen. Und ich konnte mit Debbie und Jim sprechen, die wiederum Freunde von Barb und Hew sind, und die mir die Coldplay-Karten abgenommen haben. Das Coldplay-Konzert am 15. November hatten wir ja verpasst (s.o.), aber es war schön, anderen Seglern diese Freude zukommen zu lassen. Da ich die Buchungen für dieses Konzert (Leihwagen, Airbnb) nicht verfallen lassen wollte, nutze ich sie, um mir für einen Tag Auckland anzuschauen. Dort traf ich dann Debbie und Jim, erfuhr, dass sie der berühmten Whiting-Familie entstammen, die die Whiting-Boote gebaut haben. Debbie und Jim zeigten mir ihre 50 Jahre alte Yacht voller stolz, gebaut mit dem Holz des Kauri-Baumes. Für ihr Alter eine wirklich tolle Yacht, super in Schuss, die den gesamten Pazifik gesehen hat.
Und sie zeigten mir den Cup! Den von 2024, gerade mal 2 Wochen alt. Die Kiwis sind so stolz auf den jetzt schon dreimaligen Gewinn des Americas Cup. Ist ja auch eine tolle Leistung und zeigt nicht nur das seglerische, sondern auch das Engineering Potential der Kiwis.
Jedenfalls fragte ich natürlich diese erfahrenen neuseeländischen Segler, wie man am besten nach Christchurch kommt. "Mit dem Flugzeug, dem Zug oder dem Auto?", war die Gegenfrage. So lernte ich so langsam die Besonderheiten des Segelns in Neuseeland kennen. Es war von hohen Wellen die Rede, unzugänglichen Marinas, extrem hohen Wellen, Waschmaschinen, Böen weit über 50 Knoten und anderem grässlichen Zeug .
Ich sprach dann noch mit Barb und Hew, mit meinen Liegeplatznachbarn Margrit und Dirk (beide seit Jahrzehnten Einhand unterwegs), mit unserem Hafenmeister und mit dem Segelmacher, die letzen beiden seit frühester Jugend Regattasegler mit vielfach Neuseeland Rund-Erfahrung. Es lief ungefähr so:
1. Christchurch? Very rough coastline on the South Island, no Marinas
2. Nelson: very nice, but which route?
3. East coast to Nelson: high swells at the southern part, washing machine Cook strait
4. West coast to Nelson: one long leg (400 nm), only one possible stop (New Plymouth) and you have to sail around Cup Rainga, can be very tough
5. Why don't you stay on the nice part of the East coast, sail to Auckland (< 100 nm) and get to Christchurch from there?
6. Auckland: marinas are very expensive, you better stay in Whangarei!
Prima, also brauchen wir gar nicht erst loszusegeln. Das war uns dann doch ein wenig unheimlich, und so entschieden wir uns nach längeren Abwägungen für Nelson als Ziel, mit der trotz des Segelns über die Nordspitze Neuseelands kürzeren und auch sichereren Route "West Coast".
Das verschaffte uns die nötige Motivation, klar Schiff zu machen. Petra musste erstmal ihre Sachen neu verstauen, sowohl die mitgebrachten als auch die an Bord gebliebenen, eine, wenn man den Berg "Klamotten" im Salon sah, schier unüberwindliche Aufgabe (die sie natürlich mit Bravour erledigte).
Ich schlug mich mit dem unglaublich unzuverlässigem Rigger (nennen wir ihn hier mal Charlie) herum, der mich ein ums andere Mal immer wieder versetzte. Trotz meiner Engelsgeduld und möglicherweise gerade wegen meinem "Mr. Nice Behaviour" blieb zu guter Letzt nach 6 Wochen Maststellen noch eine letzte Aufgabe offen, mit der er mich so lange nervte, bis ich endlich selbst Hand anlegte. Es ging um eine nicht perfekte Decksdurchführung des Mastes, an der der Charlie eine Lücke identifiziert hatte (er war nach 14 Jahren der Erste!).
Er schilderte diese Problematik so intensiv kritisch, dass ich wieder mal alle Hebel in Bewegung setzte, um das Problem einschätzen und eine Lösung verfolgen zu können. Es wurde die Chat-Gruppe der XYOA (X-Yachts Owners Association) angeschrieben, X-Yachts und John Mast gefragt, YouTube und Internet-Recherchen betrieben (natürlich ...) und ein befreundeter Segler gefragt.
Die X-Yachts-Lösung erschien mir dann als die Beste, und so klebte ich harte Gummiplatten in die Lücke, die dann mit einem Stahlklemmband zusätzlich festgesetzt wurden (es ist etwas komplizierter, würde hier aber zu weit führen).
Nachdem Petra frei war, arbeiteten wir zusammen am 3. Reff (damit hatten wir Charlie im November 2023 beauftragt, hätte mich eigentlich schon wachwerden lassen müssen), Petra setzte die Bullenstander, wir montierten die Solarpaneele, machten eine Dinghi-Probefahrt (der Motor sprang mit dem 4. Kick an!) und kauften Proviant ein, was mit dem Leihwagen der Marina sehr angenehm war. Und viele kleine Kleinigkeiten mehr.
Jetzt fehlt nur noch eine Probefahrt (nennt sich hier "sea trial"), um die Segel auszuprobieren, die Reffs, besonders das Dritte, das Vorsegel (immerhin haben wir ein neues Furler-System), den Riggtrimm zu checken (ich bin nicht happy mit dem, was und Charlie hinterlassen hat), aber auch den Wassermacher in Betrieb zu nehmen (neue Membran), den Autopilot zu "linearisieren (neue Hardware!) und das Segeln wieder neu zu üben (wie war das noch? Wie haben wir eigentlich letztes Jahr ... ?).
An unseren letzten Abend in Whangarei wollten wir es uns nochmal gut gehen lassen, nach der doch etwas stressigen Vorbereitung. Wir genossen ein Dinner im "Quay", einem schicken Restaurant direkt an der Town Basin Marina. Wir konnten sogar draußen sitzen, es war ein herrlicher, windstiller Abend.
Heute morgen wollten wir los, wir müssen erstmal 10 Seemeilen aus der fjordähnlichen Bucht hinausmotoren, um dann dicht vor der Küste unsere Übungen zu machen. Unterwegs wollen wir noch in der Marsden Cove Marine stoppen um zu tanken.
Als wir aufgestanden sind, bläst uns ein kalter Wind ins Gesicht. "Vielleicht sollten wir mal auf den Wetterbericht schauen?" meint Petra. Gute Idee. Beaufort 5-6, Böen 7. Morgen soll es windstill sein. So kann ich diesen Blog-Beitrag schreiben:
Ja mach nur einen Plan
Sei nur ein großes Licht!
Und mach dann noch ´nen zweiten Plan
Gehn tun sie beide nicht
(Bert Brecht)