Was ja auch zu erwarten war. Alles blieb trocken, als der Kran sie langsam ins Wasser absenkte. Auch der Motor sprang sofort an. Allerdings begann das Boot, sofort Fahrt aufzunehmen, obwohl der Schalthebel noch in Leerlaufstellung war. Zusätzlich blockierte er, das Boot ließ sich also nicht aufstoppen. Da die Tragegurte sich noch nicht abgesenkt hatten, liefen wir also Gefahr, mit dem Propeller in die Gurte zu geraten. Ich konnte den Motor allerdings rechtzeitig ausschalten. Glücklicherweise konnte Craig, ein Motorfachmann der Werft, den Fehler recht schnell beheben, und ich motorte zum Liegeplatz am Werftsteg. Mein erstes Anlegemanöver nach so langer Zeit verlief ohne Probleme. Aufatmen. Glücklichsein.
Mindestens genauso glücklich waren wir nach Erhalt des negativen PCR-Testergebnisses, hatten wir uns doch auf der dreitägigen Reise einem gewissen Risiko einer Ansteckung ausgesetzt. Die Quarantäne endete also für uns nach dem fünften Tag, und wir fühlten uns irgendwie befreit, stärker als sonst. "I feel free", der alte Cream-Song geisterte mir im Kopf herum, ich verschickte ihn kommentarlos per Whattsapp an einige Freunde, in der Hoffnung, dass sie meine Gefühle nachvollziehen konnten.
Die Werft hatte eine Wartezeit von 10 Tagen nach Einreise auf Grenada festgesetzt, wir mussten also noch vier weitere Tage im Hotel bleiben. Luxus pur. Drei Swimmingpools, Klimaanlage, ein schickes Restaurant, wir machten einen Ausflug zu Fuß zum unserer Meinung nach schönsten Strand der Insel (Magazine Beach). Wir konnten uns aber auch selbst verpflegen, nach guter alter Rewe-Manier bestellten wir in einem Supermarkt ein paar Lebensmittel, die uns sogar noch angeliefert wurden. Trotzdem, irgendetwas fehlte. Und am 11. Januar war es endlich soweit. Mit dem Leihwagen fuhren wir die 20 km bis zur St. Davids Bucht, gespannt, was uns erwarten würde. Der erste Eindruck war o.k.! Alle notwendigen Arbeiten, um das Boot zu Wasser zu lassen, waren durchgeführt worden. Wir hatten uns einen Termin zum Kranen gleich für den nächsten Tag geben lassen. Das Unterwasserschiff hatte einen neuen Antifouling-Anstrich, frische Zinkanoden, und der Rumpf war auch poliert worden. Das Deck sah nicht ganz so gut aus: Spinnenwebe, Grünspan an manchen Leinen, unser altes flexibles Solarpaneel sah ebenfalls ziemlich mitgenommen aus. Aber die Batterien hatten guten Ladezustand, und innen gab's keine neuen Gäste, und trocken war es auch überall. Nicht so schlecht, wir hatten uns auf Schlimmeres gefasst gemacht. Allerdings war die Unordnung durch die Handwerker und auch durch die vielen Dinge, die wir im Boot gestaut hatten so groß, dass wir noch eine weitere Nacht im Hotel schliefen. Alles ganz relaxed. Kein Stress.
Das sehen auch die Werftarbeiter hier so, die uns in dem halben Jahr ja ein neues Solarpaneel-System aufbauen sollten. Nun, sie waren fast fertig. Und der Vorteil für uns war auch, dass wir gleich eine neue Bimini mit beschaffen konnten, auf denen die Solarpaneele ja montiert werden sollten. Denn in dem halben Jahr in der karibischen Sonne plus Regenzeit (es regnet wirklich viel und heftig zwischen Juli und November hier) hatte der Stoßdämpfer des Rodkickers, der den Großbaum oben hält beschlossen, seine Stützfunktion aufzugeben und damit hatte der Baum freie Bahn, die Bimini zu zerstören, die inzwischen zum Ausmessen der Paneele aufgebaut worden war. Fällt mal wieder in die Kategorie "dumm gelaufen". Das Vertrauen in die Werft wurde dadurch allerdings nicht besonders gestärkt. Es wurde noch weiter geschwächt, als beim Bohren der Decksdurchführung für die Kabel der Paneele nicht nur das Deck ein Loch erhielt, sondern auch noch das ein oder andere Kabel, dass sich dummerweise genau unter der Bohrstelle befand.
Großzügig wie die Werft nun einmal ist, haben sie die Kabel kostenlos ausgebessert. Diese Großzügigkeit wiederholte sich mit der Reparatur des Kühlschranks allerdings nicht. Wurden erst 12 Arbeitsstunden für dessen Reparatur berechnet, die aber, wie wir nach dem ersten Kühlvorgang feststellten, nicht zum Erfolg geführt hatte, identifizierte der Techniker dann ein Leck, dass er durch Löten abdichten konnte. Was nochmals mit fünf Arbeitsstunden zu Buche schlug. (Das Leck geht voll auf unsere Kappe, wir hatten zu viele Hähnchenschenkel in das Kühlfach gestopft, die wir dann unbedingt in gefrorenem Zustand aus dem Kühlfach in bergmännischer Manier heraushauen wollten).
Jetzt testen wir das neue Solarpaneel-System. Sieht ganz gut aus, wenn auch unsere hohen Erwartungen vielleicht nicht ganz erfüllt werden, wir müssen das System noch besser verstehen. Und es muss noch eine Edelstahlstrebe ergänzt werden, da sich sonst Wasserlachen auf der Bimini sammeln könnten. Die Rechnung, wieviel mich ein zusätzliches Ampere mit dieser ganzen Aktion kostet, mache ich lieber nicht auf.
Neben dieser Strebe müssen wir also noch das Kickerproblem lösen, und dann warten wir noch auf ein Paket, dass ich am 1. Dezember in Braunschweig auf den Weg gebracht habe. Es beinhaltet einige nützliche Sachen, so zum Beispiel die Mechanik des Motorschalthebels. Genau in dem Moment, als ich beim Kranen das Problem mit dem Hebel hatte, gab mir mein Freund Harm übrigens die gute Nachricht, dass DHL ihm mitgeteilt hätte, dass das Paket auf Grenada angekommen ist. (Er hat sich freundlicherweise für mich ans Telefon gehängt, von hier aus ist das eine kostspielige Angelegenheit). Nach 40 Tagen. Seit letzten Dienstag versuche ich zusammen mit dem für Zollangelegenheiten zuständigen Logistiker der Werft, das Paket aus dem Zoll und in meine Hände zu bekommen. Wären wir in einem spanischsprechenden Land, würde es heißen: Manyana, Manyana. Und das heißt nicht etwa "Morgen, Morgen". Nein, es heißt: "Nicht heute!". Hier heißt es: "may be". Kenne ich auch irgendwoher.
Jedenfalls ist das Boot im Wasser, wir sind trotz allem überglücklich, endlich wieder auf dem Boot leben zu können. Wie wir dann weitermachen, um das Boot startklar zu bekommen und endlich wieder segeln zu können angesichts einer langen To do-Liste und der Tatsache, dass wir in der Karibik sind, wird Petra im nächsten Blog berichten.