Reisen in Zeiten von Corona
18 June 2021 | Dominica, Prince Rupert Bay
Alfred | Rain, rain, rain
Sicherlich nicht der einzige Bericht mit diesem Titel. Aber das Virus bestimmt nun mal doch noch unsere Reise, sei es, weil wir einen PCR-Test benötigen, der Zeit und vor allem Geld kostet. Oder weil die Quarantänebedingungen einiger Länder eine Einreise unattraktiv machen. Unser Wunschziel ist Dominica, eine Insel mit großer Natur, Ursprünglichkeit und attraktiven Wandermöglichkeiten. Es wird ein PCR-Test bei Einreise verlangt, und eine Quarantänezeit von zwei Tagen bei vollem Impfschutz. Zumindest war das die Information, die wir (wishful thinking) sogar auf der Regierungsseite Dominica als aktuelle Covid-Info gefunden haben. Der PCR-Test auf Antigua war ein echtes Problem. Einmal, weil Antigua mal eben 200 US$/Person dafür abruft, und auch, weil er nur im Krankenhaus der Hauptstadt durchgeführt wird. Dummerweise auch morgens sehr früh, wir bekamen einen Termin um 05:50 Uhr. Anja und Ralf, die ebenfalls Richtung Süden mit Endziel Grenada unterwegs sind, hatten einen clevereren Plan: Martinique testet umsonst (!), und bietet auch noch Impfungen ohne Gebühr an, sogar den Edelstoff von Pfizer. Mit diesen beiden Maßnahmen könnten sie dann bis Grenada durchstarten. Nun, uns war Dominica diesen höheren Aufwand wert, und so nahmen wir uns am Sonntag einen Mietwagen und fuhren die Strecke zum Krankenhaus sicherheitshalber schon mal ab. Linksverkehr, Schlaglöcher und spitze Kanten an den Fahrbahnrändern ohne Ende. Allerdings breitere Straßen als Grenada, das gab mir als Fahrer ein trügerisches Gefühl der Sicherheit, das sogleich mit einer Reifenpanne bestraft wurde. Eine Kante war dann doch zu spitz. Der Wechsel des Notreifens wurde von einem freundlichen Einheimischen unterstützt, nette Menschen gibt es eben überall. Auf den Schreck, und weil wir am nächsten Tag ja wirklich früh aufstehen wollten, gönnten wir uns ein Abendessen im an die Marina angrenzenden Restaurant. Sehr schick, tolle Atmosphäre am Strand, und als Marinalieger gab's ein paar Prozente. Warum eigentlich Marina? Wir lagen vorher ja mehrere Tage am Anker in der Freeman Bay, bzw. English Harbour. Unsere Energiebilanz war eigentlich recht gut, wir hielten unsere Batteriekapazität über mehrere Tage konstant, obwohl es auch mal bedeckt war. Nur das Betreiben des Wassermachers überfordert das System noch, zumindest wenn wir vor Anker liegen. Es sei denn, wir lassen den Motor laufen, aber das galt es ja zu vermeiden. Nach einer Woche wurde unser Brauchwasser dann knapp, und so beschlossen wir, in der nahen Marina festzumachen, Wasser zu tanken. Auch unseren Dieseltank konnten wir dort wieder füllen, obwohl wir sicherlich noch Diesel aus Großenbrode im Tank haben und auch nur 50 Liter fehlten. Die Batterien konnten bei der Gelegenheit auch mal wieder auf 100% gebracht werden. Ich fühle mich auch wohler, wenn das Boot in der Marina fest ist, und wir für längere Zeit abwesend sind. Der Marinabetreiber Roberto, ein Italiener, war ein sehr freundlicher Marinamanager. Er bot uns an, ein oder zwei, wahrscheinlich auch drei Tage kostenlos an seiner kleinen Pier liegenzubleiben. Das passte uns wegen der Fahrt mit dem Mietwagen zu so früher Stunde recht gut. Bezahlen mussten wir es allerdings mit zwei wirklich heißen Nächten, da so gut wie kein Wind in die Ecke kam, wo wir lagen. Erschwert wurde die Situation noch durch die ein- oder andere Mücke, die es trotz sorgfältiger Mückenprävention ins Schiffsinnere und vor allem auf meine größtenteils unbedeckten Hautpartien geschafft hatte. Da sehnt man sich dann doch nach dem Ankerplatz, auf dem es so viel angenehmer ist.
English Harbour war schön, gern wären wir länger geblieben. Die Wanderungen um die Bucht herum erinnern fast ein wenig an Mallorca, schöne Cafes, und eine nette Seglergemeinschaft, die sich an unserem letzten Abend noch einmal zum Abschied auf dem nahen Strand getroffen hat. Die Hurricane-Saison war durchaus eines der Themen, denn in den Buchten sieht man einige Yachten, die es offensichtlich schwer erwischt hat. Kein schöner Anblick. So ziehen wir weiter gen Süden, um einem drohenden Sturm leichter ausweichen zu können. Gerade an dem Tag vor unserer Abreise zeigte sich das erste "gelbe Kreuz" vor Afrika auf den Seiten des NHC (National Hurricane Center, USA), das eine Wahrscheinlichkeit von < 40% für die Entstehung eines Hurricanes indiziert. Gottseidank löste es sich am nächsten Tag wieder auf. Denn unsere neue Versicherung Pantaenius schließt Schäden durch benannte tropische Stürme aus. Wie übrigens auch die alten Versicherungen, die uns nicht mehr haben wollten (Admirals wegen Brexit und HYV/Schomacker wegen zu klein).
Ulf gab uns noch den Tipp, die Nacht in der 40 Seemeilen entfernten Bucht von Des Haies in Guadeloupe zu verbringen. So bräuchten wir uns nicht die Nacht auf See um die Ohren zu schlagen. Damit würden sich die knapp 100 Seemeilen bis Dominica in zwei Tagestörns aufteilen. Da wir allerdings noch ausklarieren mussten, und das Aufklarieren ein wenig Zeit in Anspruch nehmen würde, wollten wir die Entscheidung, ob wir ankern oder durchsegeln spontan entscheiden. Denn da wir erst um 13:00 Uhr loskamen, würde es wohl dunkel sein, wenn wir in Des Haies ankämen. Wind war mit glatt 6 aus Ost vorhergesagt, und so banden wir wieder unser geliebtes drittes Reff ins Groß. Bei zwei bis drei Meter Welle von der Seite bzw. leicht von vorn wurde unsere Fahrt manchmal etwas abgebremst, so dass wir nicht allzu flott unterwegs waren und schon ahnten, dass es Nacht sein würde, bevor wir die Bucht von Des Haies erreichen würden. Aber die Verlockung von einigen Stunden ununterbrochenem Schlaf war zu groß, und wir bogen in die Bucht ein, Petra mit einer starken Taschenlampe auf dem Bug zeigte mir die Richtung an, wo ich langfahren sollte bzw. wo besser nicht. Alles klappte prima, und der Anker hielt nach dem zweiten Versuch. Um 21:00 Uhr gab's ein Bier und um 04:30 Uhr am nächsten Morgen klingelte der Wecker.
20 Seemeilen motorten wir an Guadeloupe entlang, das war mal ganz entspannend. Sobald der Wind nicht mehr von den hohen Bergen abgedeckt wurde, ging's wieder los, an diesem Tag mussten wir sogar noch etwas höher ran. Aber die 30 Seemeilen bis Dominica würden wir schaffen, selbst bei 6 Windstärken gegenan. Und so war es auch. Die Prince Rupert Bay war super weitläufig, Ulf sagte noch, wenn ihr das einzige Boot seid, fahrt weiter. Aber in der Quarantänezone tummelten sich 5 bis 6 Boote mit gelber Flagge (sie zeigt den Quarantänestatus an) und in der gesamten Bucht befanden sich bestimmt weitere 10 bis 15 Segelboote. Also blieben wir. Wussten allerdings nicht so recht, wie wir mit den örtlichen Behörden in Kontakt treten sollten. An Land durften wir mit Sicherheit nicht, und mit UKW-Sprechfunk Kanal 16 wussten wir nicht so recht, welche Station wir ansprechen sollten. Es war ja auch schon 17:00 Uhr, und wir waren happy, einen tollen Ankerplatz gefunden zu haben, der super hielt (ich habe 2500 U/min rückwärts gegeben) und so wollten wir erstmal den nächsten Tag abwarten. Zumal unser Nachbarboot eine deutsche Flagge zeigte, und wir ein wenig darauf hofften, von den Seglern Infos zu bekommen. Und so war es auch. Morgens um 09:00 Uhr stieg die gesamte Familie ins Dinghi und fuhr bei uns vorbei. "Habt Ihr einen Agenten?" "Nein, wieso?" "Ja, den braucht ihr!" "Die Quarantäne dauert 5 Tage, das wisst ihr, oder? Und zwei PCR-Tests, einen am Anfang und einen am Ende." Bei uns bzw. speziell bei mir fiel die Klappe. "Nein, wir haben gelesen, wenn man vollen Impfschutz hat, sind es nur zwei Tage!" "Nicht für Yachties! In jedem Falle könnt ihr die Behörden auf dem Kreuzfahrtschiffdock erreichen, aber nur jeden Tag von 09:00 bis 11:00 Uhr, und da ihr euer Dinghi noch nicht klargemacht habt, dachten wir, wir sagen euch mal bescheid." Ich war immer noch geplettet. Hatten wir doch dieses elektronische Formular ausgefüllt, mit dem Ergebnis, dass wir klar sind für die Einreise nach Dominica. Und extra den 200 Dollar-Test auf Antigua gemacht! Sollten wir hier noch einen machen?
Jedenfalls kam Hektik auf, in neuer Rekordzeit machten wir das Dinghi klar und fuhren zu dem bezeichneten Dock. Es machte einen verwaisten Eindruck, nach einigem Suchen fand Petra einen Wachmann, der uns nach unserem Agenten fragte. Den wir ja nicht hatten, da wir das nur als Empfehlung interpretiert hatten. "I will call one."
20 Minuten später wurde ich ungeduldig und ging nochmal zu ihm. Nicht gut. Es gab Mecker. Aber 10 Minuten später kam dann sowohl der Agent bzw. die Agentin als auch ein Mitarbeiter der Gesundheitsbehörde. Unser Testergebnis aus Antigua wurde gecheckt, das elektronische Formular, unsere Clearance und nach dem Ausfüllen von weiteren drei Seiten wurde uns noch kurz das Verfahren erläutert. Ich hörte nur etwas von "five days". Prima. Lesen, Baden, Gitarre spielen, lecker kochen und essen, auf dem Boot am Anker abhängen. Manche nennen das Urlaub.