02 May 2022 | Lake Worth (Alfred) Riviera Beach (Milena Bonatti), Schwuelper-Walle (Petra)
Ein Update unserer Situation
Noch ein kurzes Update mit am Schluss kleinem Technikteil zum Wegklicken:
Petra hat sich 5 Tage vor Abflug noch mal schnell den Virus eingefangen, so dass sich ihre Rückkehr zum Boot um zwei Wochen verschiebt. Inzwischen ist sie schon wieder negativ, es war glücklicherweise nur ein milder Verlauf.
Das passt perfekt dazu, dass sich der Austausch des Riggs (alle fest installierten Teile am Mast, außer der Mast selbst) ebenfalls um zwei Wochen verschoben hat, aufgrund einer falschen Wahl des Paketdienstleisters (TNT statt DHL, leider erst gemerkt, als das Paket schon auf dem Weg war) und einer suboptimalen Verpackung, die zur Beschädigung von Einzelteilen des Pakets führten. Und damit nochmal gesendet werden mussten. Ankunft dieser Teile: gerade eben! Übrigens mit DHL versendet und in drei Tagen sogar übers Wochenende angekommen. Das vorherige mit TNT versendete Paket hat 10 Tage gebraucht.
Jetzt muss das Rigg nur noch zusammengebaut und der Mast wieder aufs Boot gestellt werden und Milena Bonatti ist bereit für ein Bad im Atlantik! Petra kommt am 10. Mai an, der Krantermin ist für den 12. Mai eingetragen, das sind von heute an 7 Arbeitstage. Sollte machbar sein, auch wenn die Rigger gesagt haben, sie sind diese Woche mit anderen Arbeiten dicht. Sagen sie immer.
Die Sprayhood ist noch in Arbeit, aber der Sprayhoodbauer hat versprochen, sie in dieser Woche fertigzustellen, und er kommt aus Kolumbien, da hält man Wort!
Alfred in Florida
Was mache ich außer den Bootsgeschichten sonst noch so ohne Petra hier in Florida? Das, was alle Amerikaner tun und wohl neben Essen am Besten können. Shoppen gehen. Mein erstes Projekt war eine Gitarre. Die, die ich als Bootsgitarre an Bord hatte, machte einfach nicht so richtig Spaß beim Spielen, ich hatte sie seinerzeit bewusst sehr günstig gehalten, und dementsprechend war sie qualitativ auch nicht ganz so gut. Ich habe sie für 20 Dollar bei facebook marketplace eingestellt, das war abends um zehn. Innerhalb von 5 Minuten hatte ich 10 Anfragen. Da bin ich mit dem Preis wohl etwas zu weit nach unten geraten.
Jetzt kenne ich alle Gitarren-Shops in der Umgebung und habe mit so manchem Gitarrenverkäufer eine kleine Session gespielt. Bespielbarkeit und Klang waren dabei die wichtigsten Eigenschaften, aber Preis, Robustheit und auch das Aussehen mussten berücksichtigt werden. Bei Tom bin ich dann am Ende fündig geworden. Shoppen macht Spaß.
Genauso viel Freude hatte ich beim Kauf (endlich) von zwei Klappfahrrädern. Ich musste diese zwar Online bestellen, konnte sie aber beim nächstgelegenen Bike-Shop abholen. Der war in St. Petersburg, schlappe 200 Meilen (320 km) entfernt auf der anderen Seite von Florida.
Norman!
So ein Glück, denn dort ist Norman zu Hause, von Norman und Anne, mit denen wir auf St. Lucia 2019 Weihnachten und Silvester gefeiert haben nach unserer Atlantiküberquerung. Ein Besuch bei einem waschechten Amerikaner in einer der reichsten Rentnergegenden der Welt (neben Palm Beach County natürlich) war ein Erlebnis. Ich lernte viele neue Dinge, zum Beispiel eine Aussage zu Covid: "We will not let this bad news spoil our grand party that we call our life!" Oder eine Aussage zum Rentnerdasein: "There are three phases, gogo, slowgo and nogo." Auch nicht schlecht. Und noch einer: "I don't know what I don't know." Letzerer stammt von Abraham Lincoln, ausgesprochen am Sterbebett. Ob er dasselbe meint wie der bekanntere Spruch von Sokrates: "Ich weiß, dass ich nicht(s) weiß" (über das 's' in Klammern darf philosophiert werden) oder sogar den von Einstein: "Je mehr ich weiß, desto mehr erkenne ich, dass ich nichts weiß", erschließt sich mir zur Zeit noch nicht. Aber vielleicht kommt das noch. Die Funktionsanalyse bei der Klappradwahl ergab Priorität auf einfachstes und kleinstmögliches Zusammenklappen. Preis, Fahrspaß, Gewicht und Haltbarkeit gegen die Widrigkeiten der Salzluft mussten ebenfalls berücksichtigt werden. Ob die gewählten Räder sich mit unserer Backskiste oder der Achterkoje anfreunden, gilt es noch auszuprobieren.
Beim Shoppen habe ich also Taylor Brompton getroffen. Cooler Typ.
Und ich hatte mal wieder ein Erlebnis, dass man wohl nur in den USA haben kann (ich hatte es schon vorher mal in USA). Florida ist nicht gerade klein. Die ehemalige Bundesrepublik ohne die fünf neuen, östlichen Bundesländer ist nur anderthalb mal größer. Man fährt also eine ganze Weile mit 106 km/h durch die Lande. Neben Plakaten, auf denen z.B. steht: "Eat more Beef" (und das nach dem Besuch des Veganers Norman, dazu später vielleicht noch mal mehr); oder, auch schön: "Abortion makes Gods Heart Brake!" untermalt mit einem langhaarigen Jüngling (Jesus?), und natürlich Schilder älteren Semesters, mit zwei Namen darauf (T. und P.) passierte mir Folgendes: ich brauchte mal eine Pause mitten in der Pampa, dazu fuhr ich an einer einsamen Straße rechts ab, und parkte in der Sonne. Mein Auto war von der Landstraße aus gut zu sehen. Als ich gerade wieder losfahren wollte, bog ein Auto auf meine Straße ab, und hielt neben mir. Sie zeigten mir fragend einen Daumen nach oben. "Everything's o.k.?" Yes, everything's o.k.", und Daumen hoch zurück. Ich dachte, sie würden auf der Straße weiterfahren, aber sie wendeten und fuhren zurück auf die Landstraße! Sie hatten mich gesehen, und wollten ihre Hilfe anbieten für den Fall, dass ich Probleme hatte! Gibt's möglicherweise auch in anderen Ländern, aber in Deutschland eher selten, wage ich mal zu behaupten. Schön. Trotz T.
Technik-Update
Können wir kurz machen:
Saildrive: alles wieder zusammengebaut, Motortestlauf mit Vorwärts- und Rückwärtsgang erfolgreich. Ben der Mechaniker, ist ein König.
Unteres Ruderlager: getauscht, alles wieder zusammengebaut. Hatte ich glaube ich schon im letzten post gemeldet. "Easy", meinte Ben noch. Sehe ich etwas anders. Trotzdem: toll gemacht. Gute Leute!
Neu ist das Ergebnis einer intensiven Recherche, warum das obere Ruderlager-Setup anders aussieht, als bei anderen X-Yachts Xc38, mit deren Eignern ich mich manchmal austausche. Auch das detailliert im letzten post beschrieben. Sowohl Jefa (der Steuerungshersteller) als auch X-Yachts haben bestätigt, dass über Tausend X-Yachten die Lagerung so angeordnet haben, wie bei der Milena Bonatti. Da sie aber die Baunummer 1 ist, und eine Fortsetzung der nächstgrößeren Xc42-Modelle war, wurde vorerst die Anordnung der Xc42 übernommen. Diese Anordnung ist komplizierter und hat wesentlich mehr Teile, als die Anordnung der späteren Baunummern, auf die X-Yachts dann gewechselt hat. Man könnte jetzt spekulieren, warum X-Yachts die Änderung gemacht hat. Einfachere Montage natürlich... Wie dem auch sei, unsere Anordnung hält den Ruderschaft sowohl nach oben, als auch, was natürlich wichtiger ist, auch nach unten. Die neue Anordnung verzichtet auf die Abstützung der Bewegung nach oben. Muss ich mir jetzt als Maschbauer nur noch mal mithilfe der mitgelieferten technischen Zeichnungen klarmachen. Kommt.
Rigg: oben wurde der zeitliche Projektstatus ja schon beschrieben. Entscheidend ist die Änderung an der oberen Aufhängung der Unterwant, die jetzt tatsächlich geändert wurde und sehr massiv ausgefallen ist. Der Stab ('cap tang') der als Aufnahme für die beiden Wantenköpfe dient, ist sogar massiver als der der Oberwant und wird nicht nur durch die Mastwand abgestützt, sondern es sind auf jeder Seite noch Alubleche zur Verstärkung aufgebracht worden (geklebt und genietet).
Das hält. Der Rigger, der die Arbeiten durchführt und auch diese Änderung im Wesentlichen vorgeschlagen hat, ließ sich zu der Aussage hinreißen: wenn das Unterwant mal reißen sollte, dann nicht an der Stelle! Gute Leute muss man finden.
Sprayhood: da sind wir natürlich gespannt, wie sie passt und vor allem, wie sie aussieht. Fotos folgen natürlich noch sehr viele hier im Blog ...
Seeventile: sehen gut aus. Beim zu-Wasser-Lassen beobachten, ob alles dicht hält. Sollte aber.
Weiter Projekte:
EPIRB: neu mit AIS, registriert bei der Bundesnetzagentur. Interessant: die Alte tat nach knapp 6 Jahren beim Test tatsächlich keinen Mucks mehr! Nächstes Mal ein Jahr früher wechseln ...
Weitere Klappaugen im Cockpit montiert zum Verspannen einer Sicherungsleine von vorne nach hinten.
Gefriertruhe: erst mal auf Eis gelegt.
Neues Ladegerät für flexible Solarpaneele: zur Zeit am Ladegerät des Windgenerators angeschlossen. Scheiterte an der Frage, ob man die zwei Paneele in Reihe oder parallel anschließen sollte, und an der Verfügbarkeit eines Elektrikers. Grund war eigentlich ein zu frühes Umschalten der Hauptsolarpaneele auf die Batterieerhaltungsphase, dass wir mit einer Wechselwirkung des Windgenerator-Ladegeräts zu erklären versuchten. Was sich auch als richtig erwies, denn als das Windgenerator-Ladegerät defekt war, wurden die Batterien viel besser geladen. Es wird aber wahrscheinlich so sein, dass der Windgenerator der böse Bube ist mit seinen extrem schwankenden Einspeisungen. Als wir nämlich nach Einbau des neuen Windgenerator-Ladegeräts nur die Solarpaneele am Tage einspeisen ließen, war alles o.k. Wenn das stimmt, schalten wir einfach jeden Morgen, sobald die Sonne scheint, den Windgenerator ab. Ist sowieso besser, völlig geräuschlos läuft er nicht.
Das war's für heute. Reicht auch. Im nächsten post werden wir Milena Bonatti bei Ihren ersten Schwimmübungen beobachten und über die Planungen zum weiteren Verlauf unserer Reise berichten. Dazu muss Petra aber erst wieder hier sein.