Petra and Alfred at Sea Again!
20 May 2022 | Cape Canaveral
Alfred | Hot
Sonnenaufgang vor der Küste Floridas
Letzte Tage an Land:
Fast hätte ich es noch versiebt, das Boot vor der Rückkehr Petras wieder seeklar zu bekommen. Die Kommunikationsweltmeister der Rigging-Firma ließen mich bis Montagmorgen im Unklaren darüber, wann der Mast gestellt werden sollte. Und Dienstag war der Tag der Tage! Obwohl ich eindringlich darum gebeten hatte, beim Maststellen dabei zu sein, und sofort nach dem Anruf losfuhr, stand der Mast schon, als ich auf dem Werftgelände ankam. Und das Spezialfett, dass ich auf Anraten von X-Yachts schon lange mitführe, ist ebenfalls nicht verwendet worden, obwohl ich sie mehrfach darauf hingewiesen hatte. Die Rigger durften dann die Wantenspanner nochmal losschrauben, das musste sein. Ich hatte vor Jahren schon einmal einen Gewindeschaden gehabt, der auf falsches Fett zurückzuführen war. Brauch ich nicht noch mal.
Das hört sich jetzt so an, als ob da Einiges schief gelaufen ist. Das möchte ich sehr relativieren: die Firma Florida Rigging & Hydraulics hat einen phantastischen Job gemacht, mehrfach Fehler des Herstellers John Mast korrigiert und eine neue Befestigung eines Unterwants am Mast gestaltet, die so viel besser ist als das, was John Mast liefert (die Konstruktion von John Mast ist ja dann auch gerissen). Kompetenz, die auch viele Racer in der Gegend nutzen. Gute Entscheidung, Glück gehabt.
Petra is zurück!
Pünktlich am Montagabend war dann alles fertig, am Dienstagmorgen noch schnell das Deck gewaschen, und einer Rückkehr Petras stand nichts mehr im Wege.
Nach Petras Ankunft gönnten wir uns noch einen entspannten Tag in Lake Worth, mit Strandspaziergang, einer kurzen Fahrradtour mit den neuen Klapprädern und einem schönen Dinner auf der Lake Street, den wir mit einem Konzert einer Band abschlossen, die genau unsere Musik spielte, nämlich leicht angejazzten Westcoastbluesrockalternativeskaraggae. Am nächsten Tag war dann Petras Jetlag definitionsgemäß vorbei, und Milena Bonatti wurde wieder ins Wasser gesetzt. Diesmal ein etwas spannenderer Moment, weil an allen Löchern, die mal ins Unterwasserschiff gebohrt worden sind, in irgendeiner Form rumgewerkelt worden ist (Seeventile, Saildrive, Ruder). Die ausführende Firma war sogar vor Ort und als Erste nach der Wasserung an Bord, um die Dichtigkeit zu prüfen. Alles blieb trocken innen. Auch tolle Leute (Alan Rosensweig, Ben und Garrett). Gute Entscheidung, Glück gehabt.
Wir blieben dann erst noch einen Tag am Steg der Werft, um die Airbnb-Wohnung aufzulösen, Lebensmittel und Getränke einzukaufen und den Leihwagen abzugeben.
Dann ging es wieder an unsere Mooring, an der wir vor Petras Abfahrt ja auch schon waren. Schon ein tolles Gefühl, wieder an Bord zu leben und auf dem Wasser zu sein.
Allerdings waren die ersten beiden Tage an der Mooring von schöner und typischer Seglertätigkeit geprägt. Großsegel und Vorsegel anschlagen. Schon Routine bei uns, aber tausend kleine Handgriffe dauern ihre Zeit, was durch die Floridasonne noch verstärkt wird, da ich mein T-Shirt regelmäßig jede Stunde auswringen musste. Als die Segel vollständig seeklar waren (inklusive der Reffs ...) fehlte nur noch ein Probesegeln zusammen mit dem Rigger, dass zuerst auf Montagnachmittag festgesetzt war, dann aber auf Dienstagnachmittag verlegt wurde.
Das gab uns Zeit, noch einen kleinen Landausflug zu wagen. Außenborder aufs Dinghi und los, so der Plan. Der Außenborder sprang auch sofort an, aber er wollte partout kein Gas annehmen. Ich wusste, woran das lag. Hatte sich doch der Landaufenthalt, ursprünglich für ca. eine Woche geplant, auf fast 8 Wochen ausgedehnt, in der das restliche Benzin im Vergaser ausreichend Zeit hatte zu verdampfen. Und klebrige Rückstände zu hinterlassen, die die Strömung des Benzins jetzt massiv behinderten. Dumm gelaufen, "man" sollte vor längeren Stillständen immer den Vergaser leeren. War bekannt, wurde aber vergessen von dem immer so peniblen und perfektionistischem Alfred.
Also zurück zum Bootssteg der Werft. Gut war, dass Alan inzwischen mit uns Freundschaft geschlossen hatte und sich sofort bereit erklärte, uns zu helfen, und den Außenborder zu einem Kumpel brachte, der ihn wieder flott machte. Vielleicht sollte ich doch mal lernen, wie man einen Vergaser reinigt (als alter MZ-Fahrer sollte ich das sowieso schon beherrschen).
Der Probetörn war ein Traum. Am-Wind Segeln mit Matt, der immer wieder den Mast entlangpeilte und uns dabei viele Geschichten über seine Seglerkarriere erzählte ("when we were young, we blew up 5 Spinnakers in one race"), aber auch noch einige wertvolle Tipps zu unserem Rigg gab. (Seizing wire für alle Schäkel, Cunningham ...). Er musste dann nur noch die D2-Wanten ein wenig nachspannen, sonst war das Rigg vorher schon korrekt eingestellt worden. So wichtig! Immerhin glaube ich jetzt, dass unsere Schäden durch ein falsch eingestelltes Rigg zumindest beschleunigt, wenn nicht sogar verursacht wurden. Allerdings bin ich auch von der Konstruktion des Riggs nicht mehr überzeugt und stelle mir die Frage, warum X-Yachts dieses Rigg gewählt hat.
Der Törn nach Cape Canaveral:
Was für ein phantastisches Gefühl: unser Boot, bereit für die kommenden Aufgaben, keine Wartungsarbeiten oder Reparaturen in Sicht in absehbarer Zeit, die unser Vorankommen behindern würden. Unsere Planung ergab, dass wir nicht direkt nach St. Augustine segeln, sondern einen Zwischenstopp in Cape Canaveral einlegen wollten, da genau an dem Tag (Donnerstag, 19.5.) ein Rocket Launch dort stattfinden würde. Und Petra als Air Force Pilotentochter und Weltraum/Scifi-Fan sich Diesen nicht entgehen lassen wollte. Und da wir sowohl Heiligabend 2021, als auch Petras Geburtstag dieses Jahr auf See verbracht hatten, war ich jetzt mit Meinem dran. Am Mittwochmorgen gab es zum Frühstück eine leckere und sehr festlich aussehende Torte, und Udo Jürgens sang sein Lied. Na dann mal los.
Was für ein Geschenk gab es dann in Form des Törns! Den ganzen Tag lang segelten wir unter Vollzeug mit Halbwind um 4 Bft. im bzw. später am Rande des mit 2 Knoten strömenden Golfstroms dahin. Selten zeigte die Logge unter 8 Knoten an. Es war warm, und reiner Segelhochgenuss. Petra zauberte einen köstlichen Geburtstags-Nudelsalat für unsere Segelparty zu zweit. Ach nein, zu dritt, denn ein kleiner Spatz kam zu Besuch und gratulierte. Hoffentlich hat es der Kleine zurück an Land geschafft, immerhin 10 km Strecke. Auch durch die Nacht ging es so, nur um Mitternacht nahm der Wind auf Bft 5 in Spitzen bis 18 Knoten zu, und ich verspürte Lust zu reffen, was ich tat und Petra damit aus der Koje trieb. "Deine Wache fängt noch nicht an, leg Dich wieder hin", bat ich sie aber kaum eine Stunde später stand sie bereit, und löste mich ab, ließ mich schlafen genau bis zum Sonnenaufgang (06:30 Uhr). Was für eine liebe Partnerin und tolle und so verlässliche Seglerin!
Cape Canaveral:
Der Inlet von Cape Canaveral gilt als einer der einfachsten der gesamten Ostküste, das war gut. Weniger gut war, dass Petra trotz intensiver Anfragen keinen Platz in irgendeiner der unzähligen Marinas ergattern konnte. Mögliche Ankerplätze lagen weiter im Landesinneren, die man durch eine Brücke und eine Schleuse ansteuern konnte, und ein wenig flach waren, nämlich genauso flach wie unser Boot tief.
Als wir die Brücke über Funk morgens um halb neun anriefen, teilte uns der Brückenchef mit, dass die Schleuse wegen Wartungsarbeiten bis 12 Uhr geschlossen sei, und wir damit zwischen Brücke und Schleuse für drei Stunden festsitzen würden. Das wollten wir nicht. Also probierten wir doch, ohne Reservierung in einer der Marinas unterzukommen. Wir legten erstmal provisorisch an einem Stegkopf an, Petra ging zum Hafenmeister und fragte, ob wir bleiben könnten, ggf. auch für einen oder zwei Tage. Negativ. Wir durften liegenbleiben, bis die Schleuse öffnete.
Dann trafen wir Joe und Melissa, bzw. Petra traf deren Töchter. "I know you," sagte Petra, "but where did we meet?" Kinder haben noch ein gutes Gedächtnis. "Grenada!" Ja, Die Familie mit den Eltern Joe und Melissa waren zusammen mit uns in der Segler-Community von Le Phare Bleu im Frühjahr 2021, als es wegen Corona noch nicht wieder so richtig voranging und wir auf unsere neuen Batterien warteten. Beeindruckend: die beiden hatten damals so gut wie keine Ahnung vom Segeln, und berichteten uns jetzt, dass sie gerade von der karibischen Westrunde zurückgekommen sind! (ABC-Inseln, Kolumbien, Panama/St. Blas, Guatemala, Belize, Mexiko). Alle Achtung. Die Wiedersehensfreude war riesig, und wir werden das Wiedersehen gebührend nachfeiern, da die beiden gerade im Aufbruch nach St.Augustine waren, auch unserem nächsten Ziel.
Joe war verwundert, dass wir keinen Liegeplatz bekamen in der Marina, es sei doch so viel frei? Ich ging danach noch einmal zum Hafenbüro, und fragte höflich, wie es denn sein könne, dass wir keinen Platz bekämen, wo ich doch ohne groß zu zählen mindestens 10 freie Plätze gesehen hätte? Und - ich spielte die entscheidende Karte: "nun sind wir den langen weiten Weg ganz von Deutschland gekommen, um hier in Cape Canaveral abgewiesen zu werden?" Ah ja, ich sehe, hier müsste noch ein freier Platz sein, sagte einer der Hafenbediensteten, offenbar ein älterer netterer Herr als der, den Petra erwischt hatte. Wir konnten bleiben!
Den Abend, an dem wir den Abschuss der Boeing-Rakete bewunderten, wird Petra in einem nächsten post erzählen, denn dort gab es einige sehr schöne aber auch etwas desillusionierende Erlebnisse. Wir sind gespannt!