Überfahrt nach Tazacorte
22 November 2011 | La Palma, Puerto de Tazacorte
Jutta
Unser Tag begann in der Hafenbar bei Frühstücksei und Mangosaft, als uns die ersten Sonnenstrahlen trafen, die über den Berg am Hafen von Vueltas lugten.
Noch lagst du, Santa Maria friedlich vertäut an der hohen Hafenmauer, obwohl auch hier der Wind durch das Tal pfiff und in der Nacht die Achterleine an der scharfkantigen hohen Pier reißen lies.
Deine unbändige Kraft spürten wir dann bei der Überfahrt nach La Palma. Der Wind gab uns draußen den nötigen Schub von der Seite aus Nordost und blieb uns auch während der Überfahrt treu. So segelten wir in schneller Fahrt zwischen 6 und 9 Knoten mit dir von Gomera nach La Palma. Dicke Wolken zogen über uns hinweg und die See rollte unter deinem Kiel, so dass wir alle mal das Steuer fest in der Hand hielten.
Deine Bewegungen waren für die Mägen der Schiffsbesatzung, die nun erst den 2. Tag auf See verbrachte, eine große Herausforderung, die nicht von allen der Crew ohne Kommentar hingenommen werden konnte. Wir sind doch vom Land und diese Berg- und Talfahrten in den Wellen und deine Schräglagen noch nicht gewohnt. Das kümmerte dich wenig, du zeigtest Einigen der Crew dein wertes Heck, wo sie immer mal wieder über die Reling schauten.
Neben Müdigkeit und Unwohlsein erfuhren wir auch Freude, als das Gefühl entstand, die Zügel während deines Rittes auf den Wellen in der Hand zu halten. Dabei bewegten wir uns stetig auf dem Kurs durch das dunkle Wasser unserem Ziel entgegen. Der Ozean reflektierte die graue Himmelsdecke und ab und zu erschienen die Lichter der durchbrechenden Sonnenstrahlen auf der Oberfläche des Wassers, dessen Transparenz nicht mehr wahrnehmbar war.
Je näher wir an unser Ziel Tazacorte auf La Palma rückten, um so mehr lockte die Sonne mit einem blauen Himmelsstreifen über der herannahenden Insel.
Eine gute Position auf dem Deck konnte Einigen das Gefühl des Surfens vermitteln, während Andere sich in die Ecken im Cockpit oder im Salon verkrochen und auf den sicheren Hafen oder eine ruhigere See hofften.
Mühelos bewältigtest du, Santa Maria, die ausgewählte Strecke und verführtest sogar den Nordostwind vor der Küste von La Palma auch einmal von Westen zu blasen. So konnten sich die Gemüter wieder beruhigen, während wir gemächlich im Schutz der Insel auf unseren Zielhafen zusteuerten. Noch bevor die Sonne unterging und viele Reihen von kleinen Schäfchenwolken uns aus dem Himmel besänftigten, fuhren wir in den neu angelegten Hafen von Tazacorte.
Riesige Betonwände erstrecken sich vor der Einfahrt des Hafenbeckens und als wir dich an die Leinen am neu erbauten schwimmenden Steg legten, begann sich auch schon der Himmel hinter den frisch gepflanzten Palmen rosa zu färben.
Als dann die Crew die Sanitären Anlagen der neuen Marina erkundete und die warmen Duschen genoss, erhellten sich ihre Gesichter und der Hunger ließ sie ihre Müdigkeit überwinden. So liefen sie miteinander erfrischt und gewärmt dem nächsten Restaurant entgegen, während ich hier mit dir die Stille genieße.